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Putin - der neue Zar: Seine Politik - Sein Russland, by Steven Lee Myers
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Über den Autor und weitere Mitwirkende
Steven Lee Myers ist Journalist und arbeitete über 25 Jahre für die berühmte New York Times, davon viele Jahre als Chefkorrespondent in Moskau, was ihn zu einem der besten Putin-Kenner unserer Zeit gemacht hat. Myers lebt in Washington (D. C.).
Produktinformation
Gebundene Ausgabe: 704 Seiten
Verlag: Orell Füssli (1. April 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 9783280056028
ISBN-13: 978-3280056028
ASIN: 3280056020
Größe und/oder Gewicht:
16,9 x 5,8 x 23,5 cm
Durchschnittliche Kundenbewertung:
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... ich habe das Buch meiner Mutter geschenkt und sie ist sehr zufrieden. Sie sagt, es sei eine sehr gute und wirklich verständlich geschriebene Biographie. Man erhält eine sehr gut recherchierte Einsicht in sein Leben, sein politisches Denken und Handeln. Alles bestens, wir sind zufrieden.Buch ist, wie immer bei Medimops, in bestem Zustand und es war eine sehr schnelle Lieferung. 1000 Dank.
Interessantes Buch, Gut geschrieben, leicht zu lesen. Wer diesen Staatsmann und Russland verstehen möchte, der muss unbedingt dieses Buch lesen.
Lee Myers: Putin. Seine Politik. Seine Werte. Mit Putin verhält es sich wie mit Wallenstein: Sein Charakterbild schwankt mächtig in der Geschichte, auch wenn man dem russischen Präsidenten natürlich nicht das gleiche Ende wie Wallenstein wünschen möchte. Auf jeden Fall muss er morgen, am 18. März 2018 zur Wiederwahl antreten, wozu allerdings gute Aussichten bestehen, denn einem weitverbreiteten Witz zufolge, kann der Russe sich dreierlei in seinem Leben nicht aussuchen: seine Eltern, seinen Geburtstag und seinen Präsidenten. Wie immer dem auch sei, dieses Datum war für mich Grund genug, einmal ein richtig dickes, fundiertes Buch über Putin zu lesen (571 Seiten) und meine Kenntnisse ein wenig abzurunden. Unvollständig waren diese Kenntnisse, weil ich noch immer keinen Brücke schlagen konnte zwischen dem positiven Bild, das mir die meisten Russen während meiner Russlandreisen von Putin vermittelten, und den Alarmnachrichten, die unsere Qualitätspresse über den Autokraten aus Petersburg veröffentlichte. Das vorliegende Buch, das mir in dieser Hinsicht weiter helfen sollte, stammt von Stefen Lee Myers, einem erfahrenen Journalisten und Russlandkenner, der bis dahin weder als besonderer Putin Bewunderer oder –verächter hervorgetreten war. Wladimir (Wolja) Putin wurde am 7.10. 1952 als Sohn eines überzeugten Kommunisten und einer gläubigen Russin geboren. Wie viele Kommunistenkinder wurde auch er heimlich in einer orthodoxen Kirche getauft, was mich an ein Detail aus der Autobiografie von Boris Jelzin erinnerte, bei dessen Taufe der Pope so besoffen gewesen war, dass er den kleinen Boris beinahe im Taufbecken hätte ertrinken lassen. Ganz ähnlich wie Jelzin, der sich in kalten Nächten von Serdlowsk/Jekaterinenburg an einer Ziege wärmen musste, durchlebte auch Putin eine sehr ärmliche Jugend in Leningrad. Als körperlich klein und schwach nutzt Putin früh Judo als Kampfsport, um sich gegen ältere Mitschüler zu behaupten. (1993 wird er sogar Leningrader Stadtmeister im Judo.) Aufgrund früher Leseerfahrungen keimt im kleinen Wolja der Traum auf, Spion zu werden. Er studiert Rechtswissenschaft, ist kein glänzender, aber ein zuverlässiger Student und wird nach einem nicht besonders berauschenden Abschluss – nachdem er geheiratet hat – wegen seiner Deutsch-Kenntnisse als KGB Resident auf einen bescheidenen Posten nach Dresden geschickt. Hier schiebt er eine ruhige, als Auslandsrusse recht privilegierte Kugel und wird Zeuge der Erosion des ostdeutschen Kommunismus. 1989 erlebt er den Zusammenbruch der DDR und meistert eine heikle Situation, als Aufständische die KGB Zentrale in Dresden belagern. Nach der Rückbeorderung hängt er wie viele arbeitslose Auslands-KGB-Residenten in der Luft, bekommt aber durch Beziehungen einen unbedeutenden Posten im Stab des Leningrader Politikers Sobtschak, dem es in diesen Jahren gelingt, sich im Schulterschluss mit Boris Jelzin in Leningrad eine politische Machtposition aufzubauen. Sobtschak gehört zu denjenigen, die nicht unerheblich dazu beitragen, dass der August-Putsch von 1991 gegen Gorbatschow in Leningrad scheitert. Nach der von Sobtschak initiierten Umbenennung der Stadt in St. Petersburg wird Sobtschak Bürgermeister und ernennt Putin zum Bevollmächtigten für Außenhandelsbeziehungen. Die Endphase der Ära Gorbatschows beginnt mit dem weiteren Aufstieg Jelzins zum russischen Präsidenten und der Auflösung des KGB Inlandsgeheimdienstes. Putin ist noch immer ein kleines Rädchen im stockenden Getriebe der russischen Innenpolitik. Nichts deutet auf seinen späteren Aufstieg hin. Immerhin wird das Verhältnis zu Sobtschak enger, er begleitet seinen Chef nach London zu John Major und dolmetscht bei einen Besuch Sobtschaks bei Kohl. Eine landesweit ausgestrahlte Fernsehsendung über Mitarbeiter Sobtschaks macht Putin erstmals bekannt. Derweil gleitet Sobtschak in die Korruption ab, verteilt Grundstücke und Liegenschaften der Stadt wie ein König an Investoren und hält dabei kräftig die Hand auf. Putin ist in der Frühphase seiner Karriere zunächst wenig erfolgreich. Er setzt einen Auftrag, lukrative Kasinos in Petersburg zu etablieren, völlig in den Sand. Nur Gangster und Kasinobetreiber gewinnen, die Steuereinnahmen für den Staat bleiben aus. Ebenso ergeht es Putin, als er versucht, Lebensmitteln für die (angesichts der Preisexplosion) hungernde Stadt aus dem Ausland zu importieren. Außer Provisionen von 25- 50 % kommt nichts bei der Sache heraus. Immer ruchbarer wird, dass sich Sobtschak und seine Mitarbeiter an der Not der Bevölkerung eine goldene Nase verdienen. Trotzdem steigt Putin als loyaler Strippenzieher zum stellvertretenden Bürgermeister der Stadt auf. In dieser Funktion wird er der Macher hinter Sobtschak und kann erste Erfolge vorweisen, auch wenn die Kennzahlen Petersburgs hinter denen von Moskau zurückbleiben. Putin Motto: es muss klappen, egal wie - und auch für die Beamten muss was dabei rausspringen. Berührungsangst mit der Mafia und dem organisierten Verbrechen hat er nicht. Er bezieht eine Datscha außerhalb von Petersburg, seine Frau Ludmilla arbeitet als Deutschlehrerin an der Universität, die beiden Töchter wachsen behütet und abgeschirmt auf. Inzwischen eskalieren die Auseinandersetzungen in Moskau weiter. 1993 schaltet Jelzin gesetzeswidrig das Parlament aus, das sich unter der Führung des Jelzin Stellvertreters Ruzkoi den radikalen Wirtschaftsreformen des Jelzin Vertrauten Gaidar widersetzte. Ruzkoi wird von den Abgeordneten der Duma zum Gegenpräsident ernannt, muss aber den Panzertruppen Jelzins weichen. Sobtschak schickt Spezialtruppen aus Petersburg zur Unterstützung Jelzins nach Moskau. Dann wieder ein Knick in der Biografie 1996 wird Sobtschak, der sich zu einem halbdiktatorischen Bürgermeister entwickelt hatte, in Petersburg überraschend abgewählt. Putin verliert sein Amt und befindet sich im Alter von 44 Jahren plötzlich wieder in einer Sackgasse. Im gleichen Jahr aber siegt Jelzin völlig überraschend mit Unterstützung der Oligarchen (u.a. auch Chodorkowski und Beresowski) bei den russischen Präsidentschaftswahlen und hat nachher eine Menge neuer Jobs zu vergeben. Da sich Putin in Petersburg für Jelzin stark gemacht hat, erhält er einen Posten im Liegenschaftsamt des Kreml in Moskau. Was zunächst wie ein Brosamen wirkt, entpuppt sich als der Startschuss einer der erstaunlichsten Karrieren im russischen Staatsdienst überhaupt, die ihn innerhalb von vier Jahren vom Hiwi zur Position des Präsidenten führen sollte. Dieser Aufstieg war jedoch nur möglich, weil sich andere Machtzentren: etwa Primakow und Luschkow gegen Jelzin, Lebed gegen Jelzin und die Oligarchen alle gegen alle, gegenseitig blockierten. In seiner Funktion als Leiter des Liegenschaftsamtes erkennt Putin die gnadenlose Ausplünderung des Landes durch Privatleute und Kriminelle und scheut sich nicht, das auch zu benennen (und für spätere Zeiten zu archivieren). In dieser Zeit lässt er sich eine Dissertation schreiben und versieht ansonsten loyal sein Amt. Jelzin wird auf Putin aufmerksam und ernennt ihn 1998 zum Chef des neu etablierten Inlandsgeheimdienstes. Kurz vorher war es zum Litwinienko-Skandal gekommen, bei dem der russische Geheimagent Litwinienko die Korruption im Umfeld Präsidenten öffentlich macht. 1999 wird Putin von Jelzin völlig überraschend zum Ministerpräsidenten ernannt. Jelzin war auf Putin verfallen, weil seine etablierten Mitarbeiter sich langsam von ihm absetzten und die Korruption der Jelzin-Familie (etwa durch den Schweizer Konzern, der den Kreml renovierte) zum Thema machten. Jelzin braucht einen zuverlässigen Mann, der ihm nach seinem Rücktritt den Rücken frei hält. Putins Amtsantritt als Ministerpräsident wird überschattet von neu aufflammenden Tschetschenienkonflikt, in dessen Verlauf die tschetschenischen Terroristen eine Serie blutiger Anschläge in Russland verüben. Die russische Antwort verwandelt die teschetschenische Hauptstadt Grozny in eine Friedhofsstadt und begründet Putins Ruf als „starker Mann der Innenpolitik“. Als Jelzin am 31.12.1999 vorzeitig zurücktritt, wird Putin geschäftsführender Präsident. In dieser Zeit besitzt der neue Mann an der Spitze des Staates durchaus Fortune. Seine Erhöhung der Pensionen um 13%, später um 20 % begeistert die Russen. Putin senkt die Unternehmenssteuern von 35 auf 24 %, um die Investitionen anzukurbeln und verlangt von jedermann, dass die Steuern auch wirklich gezahlt werden. Der anziehende Ölpreis verbessert Russlands Schuldnerposition erheblich, Auslandschulden werden vorzeitig getilgt, ein erster ausgeglichener Haushalt wird vorgelegt. Mit den Oligarchen (Gusinki und Beresowksi, die die Meiden kontrollieren und Chodorkowski, der im Öl- und Gasgeschäft dominiert, wird ein Abkommen geschlossen, demzufolge die Oligarchen ihre Raubgewinne behalten können, sich aber aus der Politik heraushalten und ordentlich Steuern zahlen müssen. Die somit anschwellende Beliebtheit Putins veranlasst seine aussichtsreichsten Mitbewerber bei der Präsidentschaftswahl zur Aufgabe. Putin wird auch wegen seines guten Rufs als harter Hund gegen die Tschetschenen schon im ersten Wahlgang mit 52 % der Stimmen zum Präsidenten gewählt. Eine glanzvolle Inauguration im Zarensaal des Kreml vollendet seinen kometenhaften Aufstieg. Allerdings stagniert der Tschetschenienkrieg nach den ersten Anfangserfolgen. Der Untergang des russischen Atom-U-Bootes „Kursk“ wird zu einem publizistischen Desaster, weil der Präsident zu spät über die wahren Vorgänge unterrichtet wurde. Die teilweise kritische Berichterstattung der Presse über den Fall Kursk und ein bitterer Auftritt vor den aufgebrachten Angehörigen der Toten veranlasst Putin zum Griff nach den Medien. Der Oligarch Gusinki, der Eigentümer von Mediamost, wird verhaftet, enteignet und außer Landes getrieben, auch Beresowskis Sender NTW wird auf dubiose Weise von Gazprom gekauft. Auch Beresowski flieht außer Landes. Putin ist nun Herr der Medien, mit deren Hilfe er sich als neuer Stabilitätsgarant feiern lässt. Die alte sowjetische Hymne wird auch zur neuen russischen Hymne, wenngleich mit einem anderen Text. Ein neues Parteiengesetz, das eine Mindestgröße von 50.000 Mitgliedern vorschreibt, reduziert die Zahl der politischen Mitbewerber. Geschichtspolitisch steuert Putin einen mittleren Kurs „»Wer den Zerfall der Sowjetunion nicht bedauert, der hat kein Herz«, sagt er. »Aber wer sie in ihrer früheren Form neu gegründet sehen will, der hat keinen Verstand.“ Putin, so der Autor „stellte die Vergangenheit nach Art eines Buffets zusammen, indem er ihm passend erscheinende Episoden der Geschichte herauspickte und sie einer Gesellschaft präsentierte, die in ihrem Selbstbild tief gespalten und verunsichert warâ€. Die Duma ist für Putin nicht das Zentrum der Macht sondern eine Abnickinstitution. Putins Ansicht nach kann ein Land wie Russland nicht parlamentarisch, sondern nur präsidentiell regiert werden. Dementsprechend manipuliert er die Duma zunächst durch einen Pakt mit den Kommunisten, später durch die Gründung einer eigenen Partei („Einiges Russland“) und rücksichtlosen Einsatz der Staatsressourcen zu seinen Gunsten. Außenpolitisch sucht Putin zunächst den Anschluss an den Westen. Nach dem 11. September 2001 unterstützt er die US-Administration vorbehaltlos im Afghanistankrieg, hofft aber vergeblich dafür auf Zugeständnisse bei der geplanten NATO Osterweiterung. Auch bei dem geplanten US-Raketenschild zeigen sich die Amerikaner konzessionslos, so dass sich Putin von den USA abwendet. Beim Irakkrieg 2003 unterstützt er die Schröder-Chirac Front der Ablehner, nicht zuletzt aber auch, weil Russland Ölkonzessionen im Wert von 20 Mrd. US-Dollar im Irak besitzt. Inzwischen nimmt die Intensität des Tschetschenienkonfliktes weiter zu. Die Tschetschenen haben sich in die Berge verkrochen und sind als Guerillas nicht zu fassen. Russische Kriegsverbrechen stehen am Pranger der Welt. Zugleich bricht der tschetschenische Terror über Russland herein. Ein Hubschrauber mit 127 Menschen an Bord wird von einer tschetschenischen Rakete getroffen, immer wieder zünden sogenannte „schwarze Witwen“ (Witwen von im Krieg getöteten Tschetschenen) Selbstmordgürtelbomben. Höhepunkt der Terrorwelle wird die Geiselnahme von 912 Menschen in einem Moskauer Theater. Nach ergebnislosen Verhandlungen u.a. durch die Journalistin Anna Politkowskaja lässt Putin den Saal von Spezialkräften stürmen. Dabei kommen aber 130 Menschen durch das dabei verwendete Giftgas um, nur fünf sterben durch Schussverletzungen. 2003 beginnt der Konflikt zwischen Putin, dem mächtigsten Mann Russlands, und dem Oligarchen Chodorkowski, dem reichsten Mann des Landes. Chodorkowski, der genauso wie alle anderen Oligarchen sein Vermögen zusammengestohlen hat, betreibt eine selbständige Politik, unterstützt alle Parteien ( auch die Putinkritischen) und beklagt sich offen über die verlangten Schmiergeldzahlungen an staatlichen Stellen. Durch die Fusion von Jukos und Sibneff entsteht unter seiner Leitung einer der größten Ölkonzerne der Welt, der sogar in Verhandlungen mit Chevron und Texaco tritt. Als Chodorkowski Warnungen nicht beachtet, wird er kurz vor den Dumawahlen Ende 2003 verhaftet und angeklagt. Dieser Coup kommt bei der äußerst judenfeindlichen und oligarchenkritischen Bevölkerung gut an, so dass Putin die Dumawahlen von Dezember 2003 haushoch gewinnt. Auch 2004 geht der Tschetschenische Krieg und der ihn begleitende Terror weiter. Bei einem Bombenattentat wird der gemäßigte tschetschenische Führer Kadyrow getötet, zwei russische Passagiermaschinen werden von „schwarzen Witwen“ in die Luft gesprengt. In Beslan nehmen tschetschenische Terroristen über 1000 Geiseln in einer Schule. Sie fordern den Rückzug Russlands aus Tschetschenien und meinen es bitter ernst. Lee Meyers schreibt: „Am Abend brachten sie die Männer in ein Klassenzimmer im ersten Stock und fingen einfach an, einen nach dem anderen hinzurichten. Ihre Leichen wurden aus dem Fenster geworfen.†Nach wenig koordinierten Verhandlungen entwickelt sich völlig unvorbereitet ein zehnstündiges Feuergefecht zwischen der Polizei und den Terroristen, in dessen Verlauf 344 Geiseln, darunter 186 Kinder, sterben. Putin erscheint erschüttert im Fernsehen und spricht von der Größe Russlands, die es wiederherzustellen gelte. Getreu dieser Vorsätze, für die er starke Zustimmung im Volk spürt, nutzt er die Vorfälle, um seine Macht weiter auszubauen. Die Wahl der Provinzgouverneure wird ebenso abgeschafft wie die Bezirkswahlen zur Duma, aus denen immerhin die Hälfte der Abgeordneten hervorgehen (September-Revolution)Parallele zu diesen Ereignissen verdüstert sich der außenpolitische Horizont immer mehr. In Georgien hatte 2003 die „Rosenrevolution“ den NATO-Befürworter Sakaaschwili ins Präsidentenamt geführt. Entgegen aller Zusicherungen des Westens werden 2004 die baltischen Staaten in die NATO aufgenommen, so dass die Nato nun einen Halbtagesmarsch vor Petersburg steht. In der Ukraine droht der Wahlsieg des EU-freundlichen Oppositionspolitikers Juschtschenko. Der kletptokratische ukrainische Amtsinhaber Kutschma hatte längst jeden Anhang verloren, lässt sich aber von Putin zum Eintritt in eine „eurasische Wirtschaftszone“ mit Russland, Weißrussland und Kasachstan überreden. Der westliche Kandidat Juschtschenko überlebt zur gleichen Zeit mit knapper Mühe einen Vergiftungsanschlag aus dem gegnerischen Lager. Bei den Wahlen erhalten Janukowitsch, der russlandfreundliche Ministerpräsident, (Putins Kandidat) und Juschtschenko beide 39 %. Bei den folgenden Stichwahlen wird so schamlos gefälscht, dass am Ende Janukowitsch mit 46 zu 44 % zum Sieger erklärt wird. Putin gratuliert sofort, während auf dem Maidan von Kiew immer mehr Menschen protestieren. Unterstützung erfahren die Aufstandsbewegungen durch die NGOs, die schon in Georgien aktiv waren und die Putin nun als seine Gegner identifiziert. Nach langem Hin und Her annullieren Parlament und Oberstes Gericht die Präsidentenwahl wegen offensichtlicher Fälschung. Bei den Neuwahlen siegt Juschtschenko (unterstützt vom Zuckerbaron Porotschenko und der Oligarchin Timotschenko ) mit 52 zu 44 % gegen Janukowitsch. Russland ist im Kaukasus, auf dem Baltikum und in der Ukraine auf der ganzen Linie gescheitert. Folglich kommt es bei einem Treffen mit dem US-Präsidenten Busch in Bratislawa zum Abbruch von Putins prowestlicher Politik. Putin orientiert sich von nun an einer Politik der russischen Größe in Anlehnung an die Lehren der russischen Orthodoxie. Die sterblichen Ãœberreste des orthodoxen Philosophen Iljin und des weißen Kosakengenerals Denikin werden feierlich heimgeholt. Putins neue These lautet, »dass der Zusammenbruch der Sowjetunion die größte, geopolitische Katastrophe des vergangenen Jahrhunderts war“, weil „zehn Millionen unserer Mitbürger und Landsleute†heute außerhalb der russischen Grenzen leben müssen. Das lässt für die Krim, die baltischen Staaten, die Ukraine und Zentralasien nichts Gutes erwarten. Inzwischen beginnt der Chodorkowski Prozess als Justizposse der schlimmsten Art. Noch ehe überhaupt irgendeine Schuld festgestellt wurde, wird Jukos und Jugangasneft (aufgrund fingierter, extrem überhöhter Steuerforderungen) vom Staat beschlagnahmt und zum Kauf angeboten. „Am 18. November setzte der russische Immobilienfonds auf Forderung der Regierung das Eröffnungsgebot für Juganskneftegas auf 8,65 Milliarden Dollar an, beträchtlich niedriger als die Schätzung der Dresdner Bank, die zwischen 18 und 21 Milliarden Dollar lag. Die Auktion wurde auf den gesetzlich frühestmöglichen Termin gelegt, den 19. Dezember, und fand statt, obwohl dieser Tag auf einen Sonntag fiel. †Zu diesem Termin taucht eine bis dahin völlig unbekannte Bietergruppe „Baikalgas“ auf und überbietet die Gazprom-Vertreter, die sich daraufhin zurückziehen. Kurz darauf wird die Baikalgruppe von Rosneft gekauft. Das Geld für den Erwerb von Jugansgasneft erhielt man von den Chinesen allein für die Zusicherung künftiger Gaslieferungen. „Die Menschen in Russland begannen ihre Regierung `Kreml GmbH' zu nennen. Putin war der `Generaldirektor'. Er präsidierte nicht nur über Gazprom, sondern über sämtliche `Landesmeister'. Er gewährte Vorrechte wie den Schutz vor Steuerprüfungen, die dafür häufig auf andere große und kleine Unternehmen angesetzt wurden.†Eine Politik der Renationalisierung „natürlicher Monopole“ wie Gas, Öl, Waffen, Luftfahrt und Eisenbahnen setzt ein, an deren Ende der Staat etwa ein Fünftel der nationalen Wertschöpfung kontrolliert. Eine Gazprom Pipeline an der Ukraine und Polen vorbei nach Deutschland wird eingefädelt, wobei der deutsche Bundeskanzler Schröder Putin in der Endphase seiner Kanzlerschaft eine Kreditbürgschaft von einer Milliarde Euro verschafft, wofür er nach seinem Sturz mit einem fetten Aufsichtsratsposten beim Gazprom-Konsortium belohnt wird. Ein echter Sozi weiß eben immer, wo er bleibt. Während sich die alten Oligarchen im Angesicht des Chodorkowski-Schicksals in Ergebenheitsadressen und Spenden überbieten, entsteht eine Gruppe neuer Oligarchen im Schatten Putins: Männer, denen der Präsident Nutzungsrechte zuschanzt, die sie zu Millionären und Milliardären machen. Prachtvolle Bauten am Schwarzen Meer entstehen. Recht und Gesetz werden ausgehebelt, um an Eigentum zu kommen. Die internationale Empörung über die Zerschlagung von Jukos und das Schicksal von Chodorkowski hält sich in Grenzen. Die westlichen Wirtschaftsführer wollen Geld verdienen und nehmen es dafür hin, sich von Putin robust herumschubsen zu lassen, wie etwa bei der Ausbootung westlicher Partner bei einem Ölförderkonsortium in Sachalin. (Ein bezeichnendes Detail: der Diamantenring von Robert Kraft, den Putin sich ansieht und einfach in die Tasche steckt) Als Putin 2005 nach der Wahl Juschtschenkos die Gaspreise für die Ukraine auf Weltmarktniveau hebt und einfach die Lieferung stoppt, zapft die Ukraine einfach die Pipelines nach Europa an. Putin verhandelt mit dem ukrainischen Präsidenten Juschtschenko einen Kompromiss aus, der Juschtschenko in Korruptionsverdacht bringt und zum Absturz seiner Partei bei den urkrainischen Parlamentswahlen führt. Höhepunkt dieser Phase der wirtschaftlichen Expansion ist der Börsengang von Rosneft, der 10,7 Mrd. US-Dollar einbringt, von denen sich die Oligarchen den größten Teil unter den Nagel reißen – und der G8 Gipfel, der erstmals in Petersburg stattfindet. Ende 2006 erschüttern kurz nacheinander zwei Morde die Welt, zuerst die Vergiftung des ehemaligen Geheimagenten und Putin-Gegners Litwinienko, dann der Auftragsmord an der regimekritischen Journalistin Anna Politjowskaja. Putin streitet jede Beteiligung ab und schockt die Welt stattdessen auf der Münchener Sicherheitskonferenz Ende 2007 mit einer offiziell verkündeten Abkehr von seiner bisherigen prowestlichen Strategie. Putins Rede dauerte 32 Minuten. Sie war eine öffentliche Schelte des Westens mit einem ganzen Beschwerdekatalog von Waffenkontrollabkommen über die NATO-Erweiterung, die geplanten Raketenstationierung in Polen und der CSR bis hin zur Entwicklung von Abwehrraketen und Weltraumwaffen. Die Umrisse eines neuen kalten Krieges werden an zahlriechen Details sichtbar. „Als in Estland im April 2007 ein sowjetisches Kriegerdenkmal aus einem Park in der Hauptstadt Tallin entfernt wurde, wurde das nationale Computernetzwerk mit einer Welle von Cyberattacken überzogen, die das ganze Land lahmlegten. Die Behörden konnten diese zu russischen Computern rückverfolgen, von denen einer eine IP-Adresse in Putins präsidialer Verwaltung besaßâ€. Kein Zweifel, ein Hauch von Rowdytum zog ein in die internationale Politik ein, und der Westen brauchte ein Zeitlang, sich daran zu gewöhnen. 2008 endete die zweite und damit letzte Amtszeit Putins, und er lehnte es ab, die Verfassung in Richtung auf eine dritte Amtszeit zu ändern. Er baut neben dem Verteidigungsminister Iwanow seinen Mitarbeiter Medwedjew zum Nachfolger auf, plant aber, alle Entscheidungsmacht in der Hand zu behalten. Seine wirklichen Widersacher und Gegenkandidaten ( u.a. der ehemalige Schachweltmeister Kasparow) werden niedergehalten. Berichte über eine Affäre Putins mit der Olympiasiegerin und Politaktivistin Alina Kabajewa (25) führen dazu, dass die Zeitung, die darüber berichtet, vom Oligarchen-Eigentümer sofort eingestellt wird. Putins Vermögen wird auf 40 Mrd. US-Dollar geschätzt, wird aber geheim gehalten. In dieser Zeit stirbt Alexander Solschenizyn als hoch betagter und hoch geehrter Putin-Anhänger. Schließlich wird Medwedjew als Putin-Nachfolger ernannt und siegt plangemäß bei den Farce-Wahlen mit 71,2 %. Auch wenn der Westen Hoffnungen auf einen vermeintlich „liberaleren“ Präsidenten Medwedjew setzt, zeigt sich schnell, dass Medwedjew nichts als eine Marionette in der Hand Putins ist. 2008 unmittelbar nach der Wahl Medwedjews eskaliert der Georgienkonflikt. Südossetien und Abchasien hatten sich als russisch dominierte Gebiete bereits am Beginn der Neunziger Jahre von Georgien abgespalten. Der georgische Präsident Sakaaschwili, vom Westen als potentielles NATO Mitgliedsland ermutigt, greift unvorsichtigerweise Südossetien an und erleidet bei einem russischen Gegenschlag eine vernichtende Niederlage. (Putin über Sakaaschwili: „Ich werde ihn an den Eiern aufhängen“) . Medwedjew wird vor aller Augen als Frühstückspräsident entlarvt, Putins Popularität erreicht wieder Höchstwerte. . So bleibt es auch in den nächsten Jahren, obwohl die Nachrichten über die Korruption und Kriminalität immer haarsträubender werden. „Im Jahr 2009 beschwerte sich der Moskauer Geschäftsmann Waleri Morosow öffentlich, dass Wladimir Leschnewski, ein Beamter im Kreml-Büro für Präsidialangelegenheiten, von ihm zwölf Prozent eines Auftrags in Höhe von 500 Millionen Dollar zur Sanierung eines staatlichen Sanatoriums in Sotschi als Schmiergeld verlangt habe.†Als Nachforschungen ergeben, dass alle Beamten, die mit dem Fall befasst waren, unglaubliche Vermögenswerte besaßen, verlaufen die Ermittlungen doch im Sande, im Gegenteil Morosow wird in die Zange genommen und gibt klein bei. Noch schlimmer der Fall: Browder-Magnitzki. Browder, ein amerikanischer Geschäftsmann, der in Russland investierte, soll im Zuge einer kriminellen Aktion von einigen russischen Beamten mit fingierten Steuerforderungen um sein Vermögen gebracht werden. Als der von Browder angeheuerte Buchhalter Magnitzki ein ganzes Geflecht von Korruption aufdeckt, wird Magnitzki verhaftet und im Gefängnis umgebracht. Selbst als Browder diese Umtriebe in den USA öffentlich macht, reagierten die offiziellen Stellen in Russland nicht. Die USA erlassen eine Magnitzki-Liste, die ein lebenslanges Einreiseverbot für alle Beamten vorsieht, die mit dem Fall Magnitztki befasst waren. Derweil blühen die Geschäfte der neuen Oligarchen weiter, allen voran die von A. Rothenburg, der 1990 mit einer Tankstelle in Leningrad anfing und mittlerweile als Putin-Spezie Aufträge ohne Ausschreibungen absahnt, selbst wenn er im Preis höher liegt. Eine Schulbuchkommission verbietet landesweit ungeeignete Schulbücher, um den Schulbüchern Rothenburgs neue Nachfrage zu verschaffen. Ãœber allem kreist der Präsident bzw. inzwischen Ministerpräsident Putin, der die Zügel der Macht fest in der Hand behält. Allerdings wird Russland 2008 durch die Finanzkrise erschüttert. Der Zusammenbruch von Lehmann Brothers reißt auch in Russland gewaltige Löcher in die Bilanzen. Es kommt zum Einbruch des BIP um 8 %, worunter vor allem die einfachen Leute leiden. Vom Baikalsk, wo Arbeiter der Zellulosefabrik wegen nicht ausbezahlter Löhne in den Hungerstreik traten, bis nach Wladiwostok, wo Proteste ausbrachen, nachdem neue Zölle auf Automobilimporte den Verkauf von Gebrauchtwagen aus Japan drastisch reduziert hatten, breitet sich der Protest der Arbeiter im ganzen Land aus. Putin versteht es jedoch publikumswirksam samt Fernsehen vor Ort aufzutauchen, und die Oligarchen-Besitzer zu Sonderopfern zu zwingen, was gut ankommt. Außerdem finanziert er aus dem Rücklagenfond ( 500 Mrd. Dollar) gewaltige Ankurbelungsprojekte in Kasan, in Wladiwostok (Brücke) und vor allem in Sotschi, das den Zuschlag für die Winterspeile 2014 erhalten hatte. In diese Rubrik passen auch die Modernisierungspläne, die Putin kurz darauf für alle großen russischen Stadien auf den Weg bringt, als Russland mit gewaltigen Schmiergeldzahlungen den Zuschlag für die Fußball WM 2018 erhält. Obwohl Medwedjew eindeutig im Schatten Putins steht, versucht der Westen, den vermeintlich „liberalen“ Medwedjew zu umgarnen. Obama handelt mit Medwedjew eine Neufassung des START Abkommens aus und verzichtet auf die Raketenstationierung in Osteuropa. In der Ukraine halten sich die USA zurück, der russlandfreundliche Janukowitsch gewinnt die Präsidentschaftswahlen gegen Julia Timotschenko, die kurz darauf ins Gefängnis wandert. Derweil stilisiert sich Putin als Mann der Tat, fährt mit dem Motorrad durch Russland, jagt im Wald oder taucht im Schwarzen Meer vor den Ruinen von Chersonnesos, um mit einer neu gefunden Empore wideraufzutauchen. Sogar vor Schönheitsoperationen schreckt der Präsident nicht zurück. Als 2010 der zweite Chodorkowski Prozess ansteht, wird der Ex Oligarch in einer weltweit übertragenen Justizfarce zu weiteren 12 Jahren verurteilt. Nach dem Prozess schreibt Chodorkowski in einem offenen Brief, dass Putin außerstande sei, »sich von dem bereits unkontrollierbaren ›Ruder‹ oder der monströsen ›Galeere‹ loszureißen, die er selbst errichtet hat, einer Galeere, die stumpfsinnig über das Schicksal der Menschen hinwegsegelt, einer Galeere, über der die Bürger Russlands, immer deutlicher, anscheinend eine schwarze Piratenflagge wehen sehenǠAls sich Medwedjew wegen der Autobahn Petersburg-Moskau und der damit verbundenen Umweltschäden mit dem Bürgermeister von Moskau, Luschkow, anlegt, lässt ihn Putin hängen und entfernt Luschkow erst, als dieser es übertreibt. Der Ausbruch des arabischen Frühlings gegen die korrupten Potentaten wirft einen Schatten auch auf Russland. Joe Biden in Moskau schreckt nicht davor zurück, direkte Parallelen zu ziehen und den machtlosen Medwedjew aufzufordern, die Korruption des Putinismus zu bekämpfen. Medwedjew entfernt sich zwar von Putin, indem er gegen die Luftschläge der NATO in Libyen kein Veto einlegt, wagt aber keinen Konflikt mit Putin und verzichtet Ende 2011 in demütiger Form vor aller Augen auf eine zweite Präsidentschaft (inzwischen war die Amtszeit auf sechs Jahre verlängert worden). Erstaunlicherweise kommt Putins neue Kandidatur zunächst nicht so gut an. Bei den Ende 2011 abgehaltenen Dumawahlen bekommt „Einiges Russland“, die Partei Putins, den Missmut des Volkes deutlich zu spüren. Erstmals kommt zu Ausbuh-Vorfällen gegen Putin in der Öffentlichkeit. Bei der Wahl wird schamlos gefälscht. Oppositionelle filmen wie „Wahlhelfer offenkundig die Wahlurnen füllten, ganze Busse voller Wähler von einem Wahllokal zum nächsten kutschierten und sogar unsichtbare Tinte auf den Wahlscheinen einsetzten. In einem Video, das ein Aktivist aufnahm und sofort auf YouTube postete, saß der ältere Leiter von Wahllokal Nr. 2501 in Moskau am Schreibtisch und füllte pflichtgetreu einen ganzen Stapel Wahlscheine aus.†Das Ergebnis, knapp unter 50 % für „Einiges Russland“ reicht noch einmal knapp zur absoluten Mehrheit der Parlamentssitze in der Duma. Trotzdem kommt es zu Massenprotesten, an denen sich bis zu 100.000 Menschen beteiligen. Bei ihnen tritt der Nationaldemokragt Nawalny als Stimme der Opposition hervor, ihm gelingt es, mit seinen Bloggs und Auftritten zum Führer der Opposition zu werden. Einen Moment lang scheint das System zu wanken, doch dann appelliert Putin mit großem Erfolg an die nationalen Traditionen der Russen. Er propagiert Russlands »zivilisatorisches Modell«, welches den dekadenten Werten des Westens diametral entgegengesetz
Der Journalist Steven Lee Myers war mehrere Jahre als Korrespondent der ‚New York Times‘ in Russland. Die dort erworbenen Erfahrungen ermöglichten ihm, eine äußerst kompetente Biographie über Putin zu schreiben. Sie ist gleichzeitig eine hervorragende Geschichte Russlands. der nachstalinistischen Zeit. Wir stehen ziemlich fassungslos Russland gegenüber, begreifen nicht, wieso die Bevölkerung sich gegenüber Gorbatchow so wenig dankbar zeigt. Manchmal gewinnt man den Eindruck, es gäbe eine kleine Stalin-Renaissance. Der frühe Putin war offenbar ein recht emotionsarmer Mensch. Idealistisch bejahte er den Staat, in dem er lebte. Sein beruflicher Werdegang begann beim Geheimdienst, der ihn auch nach Deutschland brachte. Sein Aufstieg an die Spitze des Staates kam überraschend, er verdankte ihn Boris Jelzin, der ihn zu seinem Nachfolger ernannte. Offensichtlich gelingt es Russland nicht, sich zu einem wirklich demokratischen Staat zu entwickeln. Der Zusammenbruch des Sowjetsystems führte zur Privatisierung ehemaliger Staatsbetriebe. Sie gerieten in die Hände ehemaliger Angehöriger der Führungsschicht. Diese Menschen wurden unglaublich reich, aber Korruption verhindert die Entwicklung zu einem normalen Wirtschaftssystem. Von Presse-und Meinungsfreiheit kann man nur sehr eingeschränkt reden, auch das Justizwesen ist korrupt und von den Weisungen der Staatsführung abhängig. Alle Wahlen sind manipuliert, es kommt zu massiven Wahlfälschungen, auf die selbst Gorbatchow aufmerksam machte. Immer wieder werden Aufträge ohne öffentliche Ausschreibung vergeben. Ganz offensichtlich hat der immer stärker werdende Zugewinn an Macht Putin verändert, was die Bundeskanzlerin dazu brachte, gegenüber Obama zu äußern, Putin lebe offensichtlich in einer anderen Welt. Eigenartig kommt uns schon dieses Staatsoberhaupt vor, das sich offenbar Schönheitsoperationen unterzieht, um sein Älter-Werden zu kaschieren, der sich als Sportler zeigt, Eishockey spielt. Er stellt sich als Übermensch dar, der durch seine Überlegenheit der einzige ist, der den Staat führen kann. Unter seiner Herrschaft entstand eine gelenkte Demokratie, wobei es zunehmend schwer fällt, hier überhaupt noch von Demokratie zu sprechen. Zunehmend kommt es zur Ermordung politischer Gegner. Merkwürdig ist, dass Putin auf der anderen Seite bestrebt ist, sein Russland zu einem in der Welt bewunderten Staat zu machen. Deshalb bemühte man sich, bedeutende Sportereignisse zur Durchführung nach Russland zu bringen. Sie verursachten immense Kosten, die sich dieser Staat gar nicht leisten könnte, und führten bei den Winterspielen in Sotchi zu massiven Umweltzerstörungen. Der ehemalige langjährige Häftling Chodorkowski kennzeichnet die Situation treffend, wenn er erklärt: „Das russische Problem liegt nicht in der Person des Präsidenten. Das Problem ist, dass die große Mehrheit unserer Bürger nicht begreift, dass sie für ihr Glück selbst verantwortlich sind. Daher überlassen sie das gerne Leuten wie Putin. Aber dieser Weg führt in eine Einbahnstraße.“ Die Menschen in Russland sind über viele Generationen vergewaltigt worden Das Unterdrückt-Werden ist für sie der Normalzustand. Das trifft auf beide Seiten zu: Unterdrücker und Unterdrückte. Auch Putin scheint sich nicht recht bewusst zu sein, wie weit er sich von wirklicher Demokratie entfernt. Es wird lange Zeit brauchen, bis sich die Einsicht durchsetzt, das es auch anders sein kann und dass nur das Anders-Sein zu einem gesunden Staat und einer erfolgreichen Wirtschaft führt.
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